96-5.51 China erinnert sich. Die Rolle der Erinnerungspolitik für chinesische Propaganda

Veranstaltungsdetails

Lehrende: Frederik Schmitz

Veranstaltungsart: Übung

Anzeige im Stundenplan: 96-5.51

Credits: 2,0

Unterrichtssprache: Deutsch

Min. | Max. Teilnehmerzahl: 6 | 20

Weitere Informationen:
Blocklehrverstanstaltung (unbenotet)
Diese Lehrveranstaltung ist insbesondere für Studierende des Masterstudiengangs "Peace and Security Studies" geöffnet. Die Lehrveranstaltung ist auch für andere Studiengänge geöffnet.

Kommentare/ Inhalte:
Gu wei jin yong ist zu einem geflügelten Wort chinesischer Politik geworden, wenn es um die Verarbeitung der Vergangenheit Chinas geht. Das gerne von Präsident Xi Jinping genutzte Sprichwort verdeutlicht sehr anschaulich die politische Richtung hinter dem Erinnern der chinesischen Geschichte. Wurden kulturhistorische Zeitzeugnisse in der Kulturrevolution noch im großen Stil zerstört und aus dem öffentlichen Leben verbannt, hat die chinesische Historie spätesten seit Ende der 1990er Jahre wieder Konjunktur. Dies gilt in besonderem Maß für Xi Jinping, der in besonderem Maße Wert auf die Erinnerung legt. Erinnerung spielt in der chinesischen Politik eine wichtige Rolle - sowohl im Inland als im Ausland. Zur Selbstvergewisserung nach innen tritt die „glorreiche“ rote Erinnerung in den Vordergrund. Spielerisch sollen gerade junge Menschen lernen, wieso die Kommunistische Partei Chinas die einzige Kraft ist, die China in die Zukunft führen kann. Außenpolitisch setzt China auf (Unterwasser-) Archäologie, um ihre Narrative einer historisch friedlichen Nation zu unterstreichen und Territorialansprüche zu belegen. Die sog. Südchinesische Meer ist wohl das bekannteste und weitreichendste Beispiel. Zum einen dient es als wichtige Route der maritimen Seidenstraße als Tiel der Belt Road Initiative und zum anderen nutzt China verschiedene Wege, um vermeintliche Gebietsansprüche zu zementieren Dafür bildet China massenweise Archäolog*innen aus, die das suchen und finden, was ins Narrativ passt.
Damit ist die Befassung mit der „einzigartigen“ chinesischen Geschichte wichtiger Teil chinesischer Propaganda. Chinas Geschichte seit 1949 zeigt, dass Propagandaarbeit immer einen Wandel durchgangen hat. Während sich China seit der Öffnung nach Maos Tod 1976 in einem globalen System der Ideen befand, konnte bis dahin staatliche Propaganda weitestgehend auf die reine und sehr kleinteilige Zensur sensibler Inhalte setzen. Heute setzt die chinesische Politik mehr auf die Überzeugungskraft als auf das Kontrollieren aller öffentlicher Inhalte. Ziel ist aber eben nicht nur die eigene Bevölkerung, sondern auch das Ausland. Englisch-sprachige Veröffentlich-ungen sollen die Botschaft der friedlichen Nation nach außen transportieren und dies durch Archäologie belegen.
Dieser Kurs verbindet beide Zielgruppen, um Mechanismen und Strategien aufzudecken, wie China diese Narrative durch selektive Rückgriffe auf die eigene Geschichte mit Leben füllt. Das Ziel gibt Präsident Xi selber aus: Telling China’s story well.

Lernziel:
Die Student*innen sollen die Funktionsweise und Ziele von staatlicher Propaganda am Beispiel der Volksrepublik China kennenlernen und analysieren. Dieses Vorgehen soll durch Methodik und Theorie geleitet sein. Weiter soll es Gespür für die Manipulation von Erinnerungen und Geschichte entwickelt werden.

Vorgehen:
Vorläufiger Ablauf

Tag 1
10:00 - 10:45 Vorstellungsrunde, Erwartungen und Ausblick
10:50 - 12:20 Einführung in chinesische Propaganda und Erinnerungspolitik (durch den Dozenten)
12:20 - 12:30 Ausblick auf den Nachmittag
12:30 - 13:45 Mittagspause
13:45 - 14:45 Einführung Roter Tourismus (durch den Dozenten)
14:50 - 16:50 Gruppenarbeit zum Thema Propaganda und Erinnerung
16:55 - 18:00 Präsentation der Ergebnisse und Diskussion

Tag 2
10:00 - 10:45 Wiederholung, Überblick und Vorbesprechung
10:45 - 12:00 Einführung in Belt Road Initiative
12:00 - 14:30: Gruppenarbeit: Historische Narrative und Internationale Beziehungen
(dazwischen ca. 12:30 - 13:30 Mittagspause)
14:30 - 15:15 Präsentation der Gruppenarbeit
15:20 - 16:50 Gruppenarbeit (kreativ)
16:55 -18:00 Präsentation und Diskussion

Literatur:
Literatur (vorläufig)
Brady, A. M. 2009. Mass persuasion as a means of legitimation and China’s popular authoritarianism. American Behavioral Scientist, 53, 434-457.
Kohl Philip L. and Fawcett Clare (1996) Archaeology in the service of the state: theoretical considerations. In: Fawcett C and Kohl PL (eds) Nationalism, Politics and the Practice of Archaeology. Cambridge: Cambridge University Press, pp.3-18.
Kubat Aleksandra (2018) Morality as legitimacy under Xi Jinping: The political functionality of traditional culture for the Chinese Communist Party. Journal of Current Chinese Affairs 47(3): 47-86.
Lin, C. 2015. Red tourism: Rethinking propaganda as a social space. Communication and Critical/Cultural Studies, 12, 328-346.
Mayer, M. (2018). China's historical statecraft and the return of history. International Affairs, 94(6), 1217-1235.
Mayer, M., & Pawlik, K. (2023). Politics of Memory, Heritage, and Diversity in Modern China. Journal of Current Chinese Affairs, 52(2), 139-162.
Perez-Alvaro Elena and Forrest Craig (2018) Maritime archaeology and underwater cultural heritage in the disputed South China Sea. International Journal of Cultural Property 25(3): 375-401.
Roberts, G. (2006). History, theory and the narrative turn in IR. Review of International Studies, 32(4), 703-714.rrative explanation and international relations: Back to basics. Millennium 37(2): 327-356.
Trigger Bruce G (1984) Alternative archaeologies: nationalist, colonialist, imperialist. Man. 355-370.
Storozum Michael J and Li Yuqi (2020) Chinese Archaeology Goes Abroad. Archaeologies 16(2): 282-309.
Suganami, H. (2008). Narrative explanation and international relations: Back to basics. Millennium, 37(2), 327-356.

Zusätzliche Hinweise zu Prüfungen:
Als unbenotete Studienleistung sind die Erarbeitung von Propagandabeiträgen aus der Sicht politischer Akteur*innen in China vorgesehen

Termine
Datum Von Bis Raum Lehrende
1 Fr, 19. Apr. 2024 10:00 18:00 Beim Schlump 83 / MPS-Raum 2-016 Frederik Schmitz
2 Sa, 20. Apr. 2024 10:00 18:00 Beim Schlump 83 / MPS-Raum 2-016 Frederik Schmitz
Veranstaltungseigene Prüfungen
Beschreibung Datum Lehrende Pflicht
1. Studienleistungen k.Terminbuchung Ja
Übersicht der Kurstermine
  • 1
  • 2
Lehrende
Frederik Schmitz