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Lehrende: Dr. Michael Oliva Cordoba
Veranstaltungsart:
Hauptseminar
Anzeige im Stundenplan:
Semesterwochenstunden:
2
Credits:
4,0
Unterrichtssprache:
Deutsch
Min. | Max. Teilnehmerzahl:
5 | 25
Kontingentschema: Phil_Standard_WS1415
Weitere Informationen:
Die Studierenden im Rahmen des BA oder MA der Philosophie erhalten LP im Umfang gemäß ihrer Modulbeschreibung.
Für den erfolgreichen Besuch dieser Veranstaltung im Rahmen des Fachspezifischen Wahlbereichs werden 4 LP angerechnet.
Die Studierenden im Rahmen des Ergänzungsfachs im B.Sc. VWL erhalten LP im Umfang gemäß ihrer Modulbeschreibung.
Kommentare/ Inhalte:
Es ist eine alte Einsicht, dass John Rawls’ epochales Werk A Theory of Justice aus dem Jahr 1971 keine Legitimationsschrift ist. In Antwort auf die Frage nach dem gerechten Gemeinwesen setzt es die Legitimität des Staates voraus. Rawls wurde darin für die Politische Philosophie der Gegenwart stilbildend. Die Grundfrage des Politischen, warum ich verpflichtet sein sollte, den Anordnungen meines Gemeinwesens Folge zu leisten, traktiert Rawls erst rund ein Vierteljahrhundert später. Er beantwortet sie mit seiner Idee der öffentlichen Vernunft, die Rawls zufolge die moralische Einsicht in sich birgt, dass unsere Normen und Institutionen, also auch der Staat als Ganzes, durch mindestens impliziten Bezug auf eine gemeinsame Vorstellung des Guten legitimiert gedacht werden müssen, die wir ungeachtet unserer tiefgreifender Meinungsverschiedenheiten und divergenter Sichtweisen auf die Welt unserem Gemeinwesen unterlegen.
Rawls sieht seine Konzeption mutmaßlich in Überlegungen Immanuel Kants und Jean-Jaques Rousseaus fußen. Gerald Gaus führt ihren Kern auf Thomas Hobbes zurück:
Wenn Individuen über die Erfordernisse der Moral und Gerechtigkeit (das Naturgesetz) urteilen, stimmen sie nicht überein. Also verlangt ein friedliches und kooperatives Zusammenleben, dass sie, innerhalb von Grenzen, ihr privates Urteil über Moral und Gerechtigkeit der öffentlichen Vernunft unparteiischen Rechts unterwerfen. Dies vertritt auch Hobbes. Es ist der Kern aller Politischen Philosophie öffentlicher Vernunft. Daher sind alle Konzeptionen öffentlicher Vernunft als solche fundamental unvereinbar mit der Vorstellung eines sozialen Lebens, das aus vollständig autonomen moralische Akteuren besteht, die unabhängig auf Grundlage ihrer substanziellen Urteile über das von der Gerechtigkeit geforderte handeln. (Gaus 2015)
Gaus zeigt auf diese Weise, dass die Idee der öffentlichen Vernunft letztlich in den neuzeitlichen Legitimationsgedanken wurzelt, die um Zustimmung, Vertrauen und Meinung im politischen Gemeinwesen kreisen.
Kontraktualistisch betrachtet sind die Grenzen des Staates die Grenzen des (politischen) Vertrauens, wobei als Vertrauen fortwährende Zustimmung und die Schaffung des Gemeinwesens als eine creatio continua zu verstehen ist. Hobbes’ Gedanke, dass wir unser privates Urteil über Moral und Gerechtigkeit der öffentlichen Vernunft unterwerfen müssen, wirft dabei die Frage auf, ob dem Individuum überhaupt noch das Recht zusteht, sich in Gewissensfragen staatlichen Anordnungen zu widersetzen. Der amerikanische Poet und Philosoph Henry David Thoreau verzweifelte gerade an dieser Stelle: „Must the citizen ever for a moment, or in the least degree, resign his conscience to the legislator? Why has every man a conscience, then? I think that we should be men first, and subjects afterward.“ So betrachtet erscheinen die Grenzen des Staates weniger als die der Zustimmung als die des Gewissens: In diese Kerbe schlägt auch Thomas Jefferson, der Vater der amerikanischen Unabhängigkeitserklärung: „The rights of conscience we never submitted, we could not submit.“
Das Seminar richtet sich an fortgeschrittene Studenten der Philosophie ebenso wie an Studenten des Master-Studiengangs Politics, Economics, and Philosophy (PEP), die sich für die Frage interessieren, was das politische Gemeinwesen philosophisch betrachtet zusammenhält. Wenigstens zwei Konzeptionen stehen sich hier gegenüber: Eine einflussreiche, von Rawls betonte, die letztlich von einer gemeinsamen Vorstellung des Guten ausgeht. Und eine ältere, von Hobbes herrührende, die das gemeinsame Gute für unwirklich erklärt und den individuellen pursuit of happiness in den Vordergrund stellt.
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Rechtliche und organisatorische Hinweise
Leider können wir unsere Seminare auch im Sommersemester 2022 noch nicht wieder im direkten persönliche Kontakt abhalten. Bitte beachten Sie daher, dass alle meine Veranstaltungen (ebenso wie alle meine Sprechstunden) als digitale Veranstaltungen (oder Sprechstunden) über ZOOM abgehalten werden. Die Veranstaltungen werden dabei stets zu den bei STiNE hinterlegten Zeiten stattfinden, Sprechstunden zur vereinbarten Zeit nach Anmeldung per Email. Zu diesen Zeiten müssen Sie sich in meinem persönlichen ZOOM Meetingraum eingeloggt haben, den Link dazu erhalten Sie rechtzeitig über STiNE, bzw. nach Anmeldung per Email.
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7) Eingewählten, deren Teilnahmeberechtigung nicht ermittelt werden kann, ist die Teilnahme zwingend zu versagen. Bitte achten Sie darauf, sich rechtzeitig vorher mit dem Veranstalter in Verbindung zu setzen, damit sie nicht von der Teilnahme am ZOOM-Meeting ausgeschlossen werden.
Falls Sie erwägen, in diesem Seminar eine Modulprüfung abzulegen:
1) Prüfungsplätze sind begrenzt.
2) Die Zulassung zur Modulprüfung setzt die rechtzeitige Vereinbarung einer individuellen Sprechstunde zur Prüfungsanmeldung bis spätestens Mittwoch, den 18. Mai 2022 voraus. Bei dieser Sprechstunde legen wir gemeinsam Ihr individuelles Prüfungsthema fest.
3) Sprechstundentermine zur Prüfungsanmeldung sind begrenzt.
4) Zur Sprechstunde für die Prüfungsanmeldung müssen Sie mir das für Ihren Teilstudiengang vorgesehene Formular zur Modulprüfungsanmeldung (bis auf das Thema) vollständig ausgefüllt und unterschrieben digital zukommen lassen.
Das Formular finden Sie in unserem Formularschrank auf unserer Webseite: https://www.philosophie.uni-hamburg.de/philosophisches-seminar/studium/formularschrank.html. Bei Problemen mit dem Formular wenden Sie sich bitte rechtzeitig an das Studienbüro Philosophie: https://www.philosophie.uni-hamburg.de/philosophisches-seminar/studium/studienorganisation/studienbuero.html
5) Eine Modulprüfung ohne rechtzeitige korrekte Anmeldung ist ausgeschlossen.
6) Eine Anmeldung zur Modulprüfung ist nur korrekt, wenn das für Ihren Teilstudiengang vorgesehene Anmeldeformular bis auf das Thema vollständig und korrekt ausgefüllt und unterschrieben rechtzeitig zur Anmeldesprechstunde digital vorgelegt wird (Übersendung per Email). Wird dies versäumt, verfällt Ihre Sprechstunde und Sie werden nicht zur Modulprüfung zugelassen.
7) Ich fülle in der Sprechstunde als Ergebnis unserer Besprechung das Thema aus, unterschreibe das Formular und leite die Anmeldung zur Modulprüfung an das Studienbüro weiter.
8) Nach einer erfolgten Prüfungsanmeldung ist ein Rücktritt Ihrerseits ebenso wie eine Abmeldung durch mich rechtlich ausgeschlossen. Zudem erfolgt nach erfolgreicher Anmeldung alles Weitere nur noch über den Prüfungsausschuss. Hierzu ist in jeden Fall ein rechtzeitiger Antrag an den Prüfungsausschuss erforderlich. Eine Verlängerung oder eine Verschiebung von Prüfungsterminen ist aber selbst dann nur in eng begrenzten Ausnahmefällen und nur durch den Prüfungsausschuss möglich. Überlegen Sie also gut und rechtzeitig, ob Sie auch wirklich eine Anmeldung zur Modulprüfung wünschen.
9) Beachten Sie hierzu und zu weiteren wichtigen Fragen insbesondere das Merkblatt des Prüfungsausschusses zu Prüfungen am Fachbereich Philosophie: https://www.philosophie.uni-hamburg.de/dokumente/fortlaufende/merkblatt-pruefungen-pa-philosophie-2021-03-29.pdf
Mit freundlichen Grüßen
Michael Oliva Córdoba
Literatur:
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Dunn, John (1984), „The concept of ‘trust’ in the politics of John Locke“, in: Rorty, Richard; Schneewind, J. B. & Skinner, Quentin (Hgg.), Philosophy in history, Cambridge: Cambridge University Press, 279–301.
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Oliva Córdoba, Michael (im Erscheinen), „Gewissensfreiheit und die Grenzen des Staates“, erscheint in: Allgemeine Zeitschrift für Philosophie, Jahrgang 2023, preprint unter https://www.philosophie.uni-hamburg.de/philosophisches-seminar/personen/oliva-cordoba-michael/material/oc-gewissensfreiheit.pdf
Quong, Jonathan (2014), „On the Idea of Public Reason“, in: Mandle, Jon & Reidy, David A. (Hgg.), A Companion to Rawls, Chichester: Wiley, 265–280.
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Reiner, Hans (2007), „Gewissen“, in Joachim Ritter/Karlfried Gründer/Gottfried Gabriel (Hg.), Historisches Wörterbuch der Philosophie online, Basel: Schwabe
Rehm, Michaela (2012), „Vertrag und Vertrauen: Lockes Legitimation von Herrschaft“, in: Rehm, Michael & Ladwig, Bernd (Hg.), John Locke - zwei Abhandlungen über die Regierung, Berlin: Akademie Verlag, 95–114.
Zusätzliche Hinweise zu Prüfungen:
Studienleistungen:
- aktive Teilnahme
- sorgfältige Vor-/Nachbereitung der Seminarsitzung
- weitere Studienleistungen werden ggf. am Anfang der Veranstaltung bekannt gegeben
Prüfungsleistung:
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