Lehrende: Ulrike Mathilde Bühler
Veranstaltungsart:
Seminar Ib
Anzeige im Stundenplan:
Marcel Proust
Semesterwochenstunden:
2
Credits:
3,0
Unterrichtssprache:
Deutsch/Französisch
Min. | Max. Teilnehmerzahl:
- | 20
Weitere Informationen:
[fra-lit-2.1, -2.2, -nf-2, slm-wb, sg, fr-la-a2, -a4]
Die Angabe der Credits (3,0) bezieht sich auf die Anzahl der Leistungspunkte, wenn die Veranstaltung im WAHLBEREICH besucht wird.
Kommentare/ Inhalte:
Alte Kindheit – eine Einführung in Marcel Prousts À la recherche du temps perdu
Marcel Proust und seine Recherche sind weltberühmt: Prousts 150. Geburtstag (2021) und sein 100. Todesjahr (2022) boten den Anlass zu drei großen Ausstellungen in Paris. Die Recherche wurde von vielen Seiten beleuchtet, was bisher jedoch kaum beachtet wurde, ist die Kindheit in der Recherche.
Im französischen Roman wird, blickt man auf das Nachbarland England (Oliver Twist, 1838), vergleichsweise spät, nämlich um 1870/71 Kindheit konstruiert. Zuvor trat das Kind in der französischen Literatur meist nicht als Protagonist, sondern als Teil eines sozialen Gefüges in Erscheinung. Aber seit der Niederlage von Sedan (1870) gilt das unschuldige (männliche) Kind als Hoffnungsträger. Es ist der Zeitraum, in dem Proust die Kindheit in der Recherche situiert.
Doch nicht alle Kinder sind kleine Unschuldsengel, denn das Narrativ der kindlichen Unschuld wird in Frage gestellt. Kinder spielen, Kinder machen Unfug, Kinder bauen, Kinder schreien – nicht das Kind der Recherche.
In einer Einführung in die Recherche untersuchen wir in diesem Seminar vor allem die Kindheit im ersten Band Du côté de chez Swann, diskutieren und hinterfragen diese u.a. anhand von Rousseaus Émile (1762) sowie zeitgenössischen Diskursen wie bspw. Bénédict Augustin Morels Traité des dégénérescences (1857) oder dem „Nervendiskurs“, der das 19. Jahrhundert bestimmte, und vergleichen das Kind mit fiktiven Kindern u.a. in Jules Vallès‘ L’Enfant (1878), Edmont de Goncourts Chérie (1884), Octave Mirbeaus Sébastien Roch (1890) und Pierre Lotis Le Roman d’un enfant (1890). Ferner beschäftigen wir uns mit gesellschaftlichen Entwicklungen des 19. Jahrhunderts, Genderaspekten und der Narratologie (Gérard Genette).
Proust, Marcel: Du côté de chez Swann. Paris: Gallimard 1987 wird zur Anschaffung empfohlen. Weitere Texte werden in einem Agora-Raum bereitgestellt. In dem Seminar arbeiten wir mit Primär-und Sekundärtexten im französischen Original, die Sprache ist deutsch und französisch.
|