52-170 Kudrun [IFG 231][IFG 241][IFG 244][DSL/DE-A-ÄdSL][DSL/DE-A-DSL][SLM-WB][Master-WB]

Lehrende: Dr. Sebastian Holtzhauer

Veranstaltungsart: Seminar Ib

Anzeige im Stundenplan: Kudrun

Semesterwochenstunden: 2

Credits: 3,0

Unterrichtssprache: Deutsch

Min. | Max. Teilnehmerzahl: - | 20

Weitere Informationen:
Die Angabe der Credits (3,0 bzw. 2,0) bezieht sich auf die Punktzahl der Leistungspunkte, wenn die Veranstaltung im Wahl-/Optionalbereich besucht wird.
Hinweis zur Teilnahme: Studierende, die die erste Seminarsitzung unentschuldigt versäumen, werden am Ende der ersten Woche der Vorlesungszeit von der Veranstaltung abgemeldet.
Auf diese Weise stehen die frei werdenden Seminarplätze interessierten Studierenden während der zweiten Anmeldephase sicher zur Verfügung.
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Kommentare/ Inhalte:
Die anonyme ‚Kudrun‘ (um 1240?) erzählt in 1705 Strophen eine Geschichte über drei Generationen (Hagen, Hilde, Kudrun) hinweg. Es geht um Brautwerbung und Frauenraub, um Krieg und Friedenspolitik. (1) Hagen, der siebenjährige Königssohn von Irland, wird von Greifen entführt, doch gelingt ihm die Flucht. In der Wildnis findet er drei ebenfalls geraubte Königstöchter, erschlägt später die Greifen und führt die Prinzessinen nach Hause; er heiratet eine von ihnen, Hilde von Indien, die ihm eine gleichnamige Tochter schenkt. (2) Um diese Hilde (von Irland), deren Vater allen Werbern den Kopf abschlägt, wirbt der dänische König Hetel von Hegelingen. Hetels Boten geben sich als von Hetel Vertriebene und zugleich als Kaufleute aus; sie setzen sich mit Hilde ins Einvernehmen und entführen sie. Wenig später entbrennt ein Kampf mit den Verfolgern, doch nach schweren Verwundungen kommt es zur Versöhnung und zur glücklichen Heirat Hetels mit Hilde. (3) Stärker entfaltet erscheint dieses einfache Erzählschema in der Hauptgeschichte um Kudrun, der Tochter Hetels und Hildes. Diese wird vergeblich von den Königen Sivrid, Hartmut und Herwig umworben, bis es Herwig gelingt, die Verlobung zu feiern. Doch Hartmut und dessen Vater entführen die Braut. Auf dem Wülpensand findet eine große Schlacht mit den Verfolgern statt, Hetel fällt. Am Hof Hartmuts soll Kudrun durch üble Behandlung seitens der Königsmutter Gerlind gezwungen werden, in die Ehe mit Harmut einzuwilligen. Nach 14 Jahren, die Kudrun vor allem als Wäscherin am Strand verbringt, erfolgt die Befreiung durch Herwig und Hildes Bruder Ortwin und ihr Heer; auf die Aussöhnung mit Hartmut erfolgt die Heirat Kudruns mit Herwig sowie drei andere königliche Hochzeiten, darunter die Hartmuts mit der treuen Begleiterin Kudruns, Hiltburg. (vgl. Wehrli, Max: Geschichte der deutschen Literatur im Mittelalter. Stuttgart 1997, S. 409f.)
Im Seminar befassen wir uns mit unterschiedlichen literatur- und kulturhistorischen Themen der Dichtung. Zum einen kann man nicht an der heldenepischen Intertextualität vorbeisehen: „Der Text schließt an das ‚Nibelungenlied‘ an und kann als Gegenentwurf zum ‚Nibelungenlied‘ verstanden werden: Am Ende steht nicht der Untergang, sondern durch Heiraten abgesicherter Frieden; die Spirale von Gewalt und Gegengewalt wird unterbunden." (Lienert 2015, S. 95) In diesem Zusammenhang, der auch immer um das Thema Gewalt kreist, spielen gender-Aspekte eine wichtige Rolle, da auch unterschiedliche Typen von Frauenfiguren kontrastiert werden: „Die Heldin Kudrun kann, indem sie trotz Entführung, Gewalterfahrung und Leid auf Racheexzesse verzichtet und indem sie sich an den Interessen des Familienverbands orientiert, als Gegenfigur zu Kriemhild [aus dem ‚nibelungenlied‘] verstanden werden." (ebd.) Neben der Figurencharakterisierung werden auch narratologische Aspekte wie das mehrfach durchgespielte Brautwerbungsschema und die Funktionalisierung von handlungsrelevanten Erzählräumen werden besprochen. Des Weiteren werden wir auch Gattungsfragen diskutieren, denn: „Als späte Heldendichtung ist die ‚Kudrun‘ geprägt durch Montage von Elementen verschiedener Gattungen: Heldenepik, Brautwerbungsepik, Legende und Minne- und Aventiureroman." (ebd.) Neben der Textkenntnis der ‚Kudrun‘ setzt der Kurs bei allen TeilnehmerInnen die Bereitschaft voraus, sich (zeit)intensiv mit der Primär- sowie Sekundärliteratur auseinanderzusetzen und sich in den Sitzungen am Dialog zu beteiligen.

Literatur:
Anzuschaffen und zu nutzen ist:
- Kudrun. Mittelhochdeutsch/Neuhochdeutsch. Herausgegeben, übersetzt und kommentiert von Uta Störmer-Caysa. Stuttgart 2010. (Reclams Universal-Bibliothek 18639)
Zur einführenden Orientierung empfohlen:
- Störmer-Caysa, Uta: Nachwort. In: Kudrun. Mittelhochdeutsch/Neuhochdeutsch. Herausgegeben, übersetzt und kommentiert von Uta Störmer-Caysa. Stuttgart 2010 (Reclams Universal-Bibliothek 18639), S. 640–663.
- Lienert, Elisabeth: Kap. ‚Kudrun‘. In: Dies.: Mittelhochdeutsche Heldenepik. Eine Einführung. Berlin 2015 (Grundlagen der Germanistik 58), S. 81–95.
- Millet, Victor: Kap. IV.3 Die ‚Kudrun‘ als Kontrafaktur zum ‚Nibelungenlied‘. In: Ders.: Germanische Heldendichtung im Mittelalter. Eine Einführung. Berlin 2008 (de Gruyter Studienbuch), S. 238–252.