Lehrende: Dr. Tobias Schmitt
Veranstaltungsart:
Seminar
Anzeige im Stundenplan:
Seminar Anthropo B
Semesterwochenstunden:
2
Unterrichtssprache:
Deutsch
Min. | Max. Teilnehmerzahl:
5 | 22
Anmeldegruppe: Anthropogeographie B
Weitere Informationen:
Die Teilnahme an der Tagesexkursion ist verpflichtend, eine Freistellung von der Exkursion kann nur aus unabdingbaren Gründen (Krankheit, Überschneidung mit einer anderen Veranstaltung) erfolgen und muss vorher abgesprochen werden. Es ist in solchen Fällen möglich, ersatzweise an einer Exkursion desselben Moduls teilzunehmen – die Noteneintragung erfolgt dann in Absprache zwischen den Dozierenden.
Kommentare/ Inhalte:
Die Schere zwischen reichen, „entwickelten“ Ländern des Globalen Nordens und armen, „unterentwickelten“ Ländern des Globalen Südens geht trotz mehrerer Jahrzehnte der Entwicklungszusammenarbeit und unzähliger Programme, Initiativen und neuen Paradigmen immer weiter auseinander. Zahlreiche Akteure staatlicher und nichtstaatlicher Organisationen (NGOs), Kirchen, Stiftungen, Unternehmen bis hin zum Militär agieren unter dem Label der Entwicklungszusammenarbeit mit ganz unterschiedlichen Motivationen, Mitteln und Zielsetzungen. Gleichzeitig befassen sich verschiedene Theorien in ganz unterschiedlichen Disziplinen mit den Ursachen und Wirkungsweisen von Armut und Unterentwicklung und deren Überwindung.
Seit 1979 wurde die geographische Entwicklungsforschung in die deutsche Geographie eingeführt (Bohle 2013, S. 746). Auch sie beschäftigt sich mit den unterschiedlichen theoretischen Erklärungsansätzen für Entwicklung bzw. Unterentwicklung und den sich daraus ableitenden Handlungsstrategien. In den letzten Jahren sind jedoch Ansätze, die den Entwicklungsgedanken grundsätzlich infrage stellen (Post-Development-Ansätze) und die die postkolonialen Verwobenheiten und Kontinuitäten der Entwicklungstheorie und –praxis hervorheben (post/dekoloniale Theorien), auch in der Geographie immer mehr beachtet worden.
Grundlage des Seminars ist es, die zentralen entwicklungstheoretischen Ansätze (insbesondere Modernisierungs- und Dependenztheorien), deren historischer Kontext, Analyseansatz und den sich daraus ergebenden Entwicklungsstrategie zu analysieren und zu verstehen. Darauf aufbauend werden wir uns mithilfe des Post-Development-Ansatzes und der postkolonialen Theorien mit der grundlegenden Kritik am Entwicklungsansatz auseinandersetzen und Fragen nach der (Un)Möglichkeit von Entwicklung und nach der Überwindung einer (eurozentrischen) Entwicklungsperspektive diskutieren.
Lernziel:
Ziel des Seminars ist es, dass die Studierenden die zentralen Entwicklungstheorien kennen und einordnen können. Darüber hinaus soll am Ende des Seminars die grundlegende Problematik des Entwicklungsbegriffs und der sich daraus ableitenden Entwicklungszusammenarbeit deutlich sein. Durch das Seminar soll eine Grundlage geschaffen werden, sich kritisch mit den zahlreichen Facetten der Geographischen Entwicklungsforschung auseinander zu setzen und daran bei künftigen Arbeiten anknüpfen zu können.
Vorgehen:
Die Studierenden werden die verschiedenen Seminarthemen bearbeiten. Dabei wird weniger Wert auf reines „Faktenwissen“ als auf eine kritische Auseinandersetzung und Diskussion gelegt. Die stark theoriebasierten Auseinandersetzungen sollen dabei immer mit (aktuellen) Fallbeispielen veranschaulicht werden. Die einzelnen Schritte, die für eine wissenschaftlich fundierte Auseinandersetzung mit den verschiedenen Themenkomplexen notwendig sind, werden individuell und gemeinsam erarbeitet und geübt.
Im Seminar werden wir uns mit Themen wie (globale) Ungleichheiten, Marginalisierungen, koloniale Prozesse und deren gewaltvollen Auswirkungen, Rassismus, abwertende Zuschreibungen, ‚Othering‘ usw. auseinandersetzen. Dabei ist sowohl eine Sensibilität bezüglich der Verwendung von Sprache und bestimmter Begrifflichkeiten als auch eine Reflexion über die eigenen internalisierten Rassismen, Imaginationen und Zuschreibungen wichtig. Daran wollen wir im Seminar gemeinsam arbeiten. Auch wenn das Seminar somit zu einem gemeinsamen Lernort wird, kann nicht ausgeschlossen werden, dass es zur Reproduktion von Vorurteilen und Stereotypen kommen kann. Dabei soll es jedoch immer den Raum geben, dies zu benennen, darüber zu reflektieren und andere Sprech- und Umgangsweisen zu suchen. Insofern stellt das Seminar keinen safe space dar, sondern eher einen safer space, in dem mit verschiedenen Diskriminierungsweisen anders umgegangen wird als in der Alltagswelt. Bei Unsicherheiten und Fragen diesbezüglich, könnt ihr euch/Sie sich gerne per Email an mich wenden.
Literatur:
DHAWAN, N. & CASTRO VARELA, M. (2015): Postkoloniale Theorie. Eine kritische Einführung. Bielefeld.
MCEWAN, C.(2018): Postcolonialism, Decoloniality and Development. Routledge.
SACHS, W. (2010): The Development Dictionary. A Guide to Knowledge as Power.
ZIAI, A. (2006): Post-Development: Ideologiekritik in der Entwicklungstheorie. In: Politische Vierteljahresschrift, 47 (2): 193–218.
Zusätzliche Hinweise zu Prüfungen:
Prüfungsleistungen:
- regelmäßige aktive Teilnahme an den Seminarsitzungen
- Mündliches Referat zu einem in der ersten Sitzung ausgewählten Thema
- Schriftliche Seminararbeit
- Teilnahme an der Exkursion & Verfassen eines Exkursionsprotokolls
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