52-169 Mittelhochdeutsche Kleinepik [IFG 231][IFG 241][IFG 244][DSL/DE-A-ÄdSL][DSL/DE-A-DSL][SLM-WB][Master-WB]

Lehrende: Dr. Sebastian Holtzhauer

Veranstaltungsart: Seminar Ib

Anzeige im Stundenplan: Mhd. Kleinepik

Semesterwochenstunden: 2

Credits: 3,0

Unterrichtssprache: Deutsch

Min. | Max. Teilnehmerzahl: - | 23

Weitere Informationen:
Die Angabe der Credits (3,0 bzw. 2,0) bezieht sich auf die Punktzahl der Leistungspunkte, wenn die Veranstaltung im Wahl-/Optionalbereich besucht wird.
Hinweis zur Teilnahme: Studierende, die die erste Seminarsitzung unentschuldigt versäumen, werden am Ende der ersten Woche der Vorlesungszeit von der Veranstaltung abgemeldet. Auf diese Weise stehen die frei werdenden Seminarplätze interessierten Studierenden während der zweiten Anmeldephase sicher zur Verfügung.

Bitte beachten Sie, dass Lehrende keinen Einfluss auf die Platzvergabe in STiNE haben, die Platzvergabe erfolgt nach dem Schließen der Listen automatisch über STiNE

Weitere Hinweise finden Sie unter folgendem Link, der in jedem Semester aktualisiert wird:
https://www.slm.uni-hamburg.de/germanistik/studium/downloads.html#18061577

Kommentare/ Inhalte:
Gerade für die spätmittelalterliche volkssprachliche Literatur ist der Aufschwung kleinerer Erzählformen charakteristisch, zu denen unter anderen das Märe, das Bîspel, die Fabel oder auch die Parabel zählen. Die Stoffe sind häufig einem internationalen Repertoire entnommen und vielfach lässt sich der Einfluss lateinischer Schwank- und Exempelsammlungen sowie altfranzösischer Fabliaux nachweisen. Die in diesen narrativen Kleinformen verhandelten Themen, Typen und Erzählverfahren sind vielfältig, wobei der schwankhafte Typus dominiert. In ihm werden zumeist Ehe, Liebe, Treue und Sexualität zum Thema, die (anonymen) Autoren operieren mit Komik, Gelächter und Parodie. Gemeinsam ist vielen Geschichten ein lehrhafter Impetus: Sie diskutieren Normen des menschlichen Zusammenlebens – in der Darstellung vorbildlichen oder törichten und tadelnswerten Verhaltens – oder verkehren diese gegebenenfalls auch, vor allem in den schwankhaften Erzählungen, ins Groteske. Im 14. und 15. Jahrhundert löst sich das Märe jedoch immer öfter von einer lehrhaft-moralischen Zielsetzung und entfalten Komik und Groteske ihr subversives Potential.
Wir werden diesen Weg im Seminar entlangschreiten, angefangen beim Stricker, der als Begründer der Gattung des Märe gilt (im Seminar behandelt: „Der begrabene Ehemann", „Das heiße Eisen", „Der Richter und der Teufel", „Der kluge Knecht", „Der nackte Ritter", „Die Fliege und der Glatzkopf", „Die Affenmutter und ihre Kinder"). Er vermittelt anhand überzogener Erzählkonstellationen grundlegende Einsichten in normgerechtes Verhalten. Aus dem 13. Jahrhundert sind neben zwei kleinen Autorœuvres, dem Herrands von Wildonie (1250/75, im Seminar behandelt: „Die getreue Gattin") und Konrads von Würzburg (vor 1260?), vor allem Einzeltexte überliefert („Mauricius von Craûn", Wernhers des Gartenæres „Helmbrecht"). Dasselbe gilt für das 14. Jahrhundert, aus dem wir 25 namentlich bekannte Märenautoren und rund 60 namenlos überlieferte Mären kennen. Wichtige Märenautoren waren erst wieder Heinrich Kaufringer (um 1400, im Seminar behandelt: „Die Rache des Ehemanns") und Hans Folz (1435/40–1513). Kaufringer erzählt Geschichten von bestürzender Geradlinigkeit, die nicht mehr aus dem Bezug auf eine soziale oder religiöse Ordnung zu erklären sind, sondern nur noch aus den Gesetzen des Genres selbst. Hans Rosenplüt führt einen Weg weiter, der vereinzelt bereits früher, etwa durch die „Drei Mönche zu Colmar" des Niemand (nach 1316, wird im Seminar behandelt), beschritten wurde. Seine Erzählungen, etwa „Der fünfmal getötete Pfarrer" (wird im Seminar behandelt), stellen eine Welt dar, in der der bloße Zufall regiert. (vgl. Dorothea Klein: Mittelalter. Lehrbuch Germanistik. Stuttgart 2006)
Methoden der literaturwissenschaftlichen Mediävistik werden im Unterricht immer wieder aufgegriffen und in Hinblick auf die Hausarbeiten der Studierenden an die Primärquellen herangetragen. Von den Studierenden wird erwartet, dass sie sich zu den jeweiligen Sitzungen des Seminars einen Überblick über den Inhalt des Werks verschaffen, das behandelt wird (zweisprachige Texte samt nhd. Übersetzung werden zur Verfügung gestellt).

Literatur:
Zur einführenden Orientierung empfohlen:
- Geith, Karl-Ernst [u.a.]: Art. „Der Stricker". In: ²VL 9 (1994), Sp. 417–449.
- Wehrli, Max: Geschichte der deutschen Literatur im Mittelalter. Stuttgart 1997, S. 521–547. [kap. „märe und bîspel"]