96-5.42 Sexuelle Gewalt im Krieg – konkurrierende Policy-Narrative und ihre Implikationen

Veranstaltungsdetails

Lehrende: Dr. Anne Menzel

Veranstaltungsart: Übung

Anzeige im Stundenplan: 96-5.42

Credits: 2,0

Unterrichtssprache: Deutsch / Englisch

Min. | Max. Teilnehmerzahl: 6 | 20

Kommentare/ Inhalte:
Kurzbeschreibung
Sexuelle (oder auch „sexualisierte“) Gewalt wird in vielen Kriegen und bewaffneten Konflikten ver-übt und erlitten – so auch aktuell im Kontext des Angriffskriegs gegen die Ukraine. Bereits kurz nach Kriegsbeginn gab es Meldungen über von russischen Soldaten begangene sexuelle Gewalttaten. Schon bald diagnostizierten Journalist:innen aufseiten der russischen Armee einen systematischen Einsatz sexueller Gewalt „als Kriegswaffe“ („sexual violence as a weapon of war“). Allerdings ist diese Gewalt – die nicht zuletzt international strafrechtlich relevant ist – keinesfalls die einzige Form sexueller Gewalt im Krieg. Im Gespräch mit Regina Mühlhauser (Hamburger Institut für Sozialfor-schung) warnte die ukrainische Historikerin Marta Havryshko bereits im Frühjahr 2022 vor einer exklusiven Fokussierung auf sexuelle Gewalt als Kriegswaffe. Ein solcher Fokus dränge andere For-men von Gewalt aus dem Blick und habe das Potential, andersartige Gewalterfahrungen zu margi-nalisieren und sogar zu tabuisieren: „Women will be silenced because their stories do not fit the hegemonic narrative, that is, that the rapist is always the enemy soldier“.
Wie an diesen kurzen Ausführungen bereits deutlich wird, ist es von zentraler Bedeutung, wie se-xuelle Gewalt als Problem gedacht und definiert wird – nicht zuletzt, wenn es um die Entwicklung gezielter Maßnahmen geht, die den Opfern zugutekommen und/oder gesellschaftliche Verände-rungen anstoßen sollen (etwa medizinische Hilfe, transitional justice Projekte, Aufklärung, Rechts-reformen etc.). Hier setzt das Blockseminar an und zielt am ersten Tag (23.06.) zunächst darauf ab, den Teilnehmenden unterschiedliche und durchaus konkurrierende Policy-Narrative über sexuelle Gewalt im Krieg vorzustellen und Analyseperspektiven anzubieten. Konkret geht es darum, die Po-licy-Narrative kennen- und erkennen zu lernen und über ihre Stärken und Schwächen, Fokussierun-gen und Auslassungen zu diskutieren.
Am zweiten Tag (24.06.) eruieren und besprechen wir zunächst das zentrale Format, über das sol-che Maßnahmen entwickelt und umgesetzt werden – das Projekt. Welche Auswirkungen hat das Projektformat darauf, wie wir Hilfe, Reformen, Aktivismus denken und umsetzen können? Welche Möglichkeiten eröffnet und welche Grenzen setzt es? In einem weiteren Schritt kombiniert eine Gruppenarbeit das Denken in Projektformaten mit konkurrierenden Policy-Narrativen über sexuelle Gewalt im Krieg. Die Teilnehmenden schließen sich in einer Simulation zu Nichtregierungsorganisa-tionen (NGOs) zusammen und antworten auf einen imaginären „Call for Projects“ zum Thema se-xuelle Gewalt in der Ukraine. So wird Einblick in einen zentralen Aspekt praktischer NGO-Arbeit im Bereich sexuelle Gewalt gegeben und es werden die politischen Bedingungen und Implikationen dieser Arbeit reflektiert. Abschließend präsentieren und diskutieren wir die entwickelten Projekt-Vorschläge.
1) Das vollständige Gespräch finden Sie hier: http://newfascismsyllabus.com/opinions/ukrainian-dispatches/a-weapon-of-war-some-observations-on-sexual-violence-during-the-russian-war-in-ukraine/ (zuletzt aufgerufen am 25.01.2023).

Vorgehen:
Ablauf 1. Tag, 23.06., 10:00-18:00 Uhr:

10:00 - 11:15 Vorstellung, Austausch über Vorwissen und Interessen + Austausch über Eindrücke zu dem Gespräch zwischen Regina Mühlhauser und Marta Havryshko
11:30 - 13:00 Input der Dozentin zu ihren Forschungserfahrungen mit Policy-Narrativen zu sexueller Gewalt, Diskussion über die Literaturgrundlagen zur Sitzung
13:00 -14:00 Mittagspause
14:00-14:30 Vorbereitung Gruppenarbeit zu Policy-Narrativen
14:35-16:00 Gruppenarbeit
16:15-18:00 Präsentation der Ergebnisse und Diskussion

Ablauf 2.Tag, 24.06. 10:00 - 18:00 Uhr:

10:00 -11:30 Besprechung der Literaturgrundlagen: Was genau ist ein „gutes Projekt“?
11:45- 13:00 Vorstellung des „Logframe“ als zentrales Instrument zur Entwicklung guter Projekte
13:00-14:00 Mittagspause
14:00-14:45 Vorbereitung zur Gruppenarbeit
14:45-16:15 Gruppenarbeit
16:30-18:00 Vorstellung der Ergebnisse und Diskussion

Literatur:
Literaturgrundlagen für den ersten Seminartag, 23.06., 10:00-18:00 Uhr

Havryshko, Marta and Regina Mühlhäuser 2022: A Weapon of War? Some Reflections on Sexual Violence during the Russian War in Ukraine — Marta Havryshko in Conversation with Regina Mühl-häuser, The New Fascism Syllabus 08.05.2022, http://newfascismsyllabus.com/opinions/ukrainian-dispatches/a-weapon-of-war-some-observations-on-sexual-violence-during-the-russian-war-in-ukraine/
Mischkowski, Gabriela und Monika Hauser, 2019: Sexualisierte Kriegsgewalt – Wahrnehmungen und Folgen, in Medica Mondiale (Hrsg.): Kein Krieg auf meinem Körper. Fachbeiträge zu sexualisier-ter Gewalt, Trauma und Gerechtigkeit, 8–11, https://medicamondiale.org/fileadmin/redaktion/_Migration-alte-Website/Mediathek-Migration/Fachbroschuere_medica-mondiale_2019.pdf
Seifert, Ruth 1996: The Second Front: The Logic of Sexual Violence in War, Women's Studies Interna-tional Forum 19(1/2): 35–43.

Optional:
Baaz, Maria Eriksson und Maria Stern 2018: Curious erasures: the sexual in wartime sexual vio-lence, International Feminist Journal of Politics 20(3): 295–314.
Engle, Karen 2019: Feminist Governance and International Law: From Liberal to Carceral Feminism in Janet Halley, Prabha Kotiswaran, Rachel Rebouché und Hila Shamir (Hrsg.): Governance Femi-nism: Notes from the Field. Minneapolis: University of Minnesota Press, 3–30.
Kirby, Paul 2015: Ending sexual violence in conflict: the Preventing Sexual Violence Initiative and its critics, International Affairs 91(3): 457–472.
Menzel, Anne und Lisa Tschörner 2022: (2022): Responding to Sexual Violence: How (De-)Politicization and Technicalization Shape Donor-Funded Interventions, International Peacekeeping online first, 21 December 2022, https://doi.org/10.1080/13533312.2022.2157820.
Wood, Elizabeth 2014: Conflict-related sexual violence and the policy implications of recent re-search, International Review of the Red Cross 96(894): 457–478.

Literaturgrundlagen für den 2. Seminartag, 24.06., 10:00-18:00 Uhr

Krause, Monika 2014: The Good Project. Humanitarian relief NGOs and the Fragmentation of Reason. Chicago and London: University of Chicago Press, Kapitel 1.
Menzel, Anne 2018: Building a movement in a projectized world: Wangu Kanja’s struggle for survi-vors of sexual violence in Kenya. Mauerpark Institute Blog, 03.07.2018, http://mauerparkinstitute.org/2018/07/03/building-a-movement-in-a-projectized-world-wangu-kanjas-struggle-for-survivors-of-sexual-violence-in-kenya/

Optional:
Krause, Monika 2014: The Good Project. Humanitarian relief NGOs and the Fragmentation of Rea-son. Chicago and London: University of Chicago Press, Kapitel 2 und 3.

Termine
Datum Von Bis Raum Lehrende
1 Do, 29. Jun. 2023 10:00 18:00 Diese BLV findet online statt. Dr. Anne Menzel
Veranstaltungseigene Prüfungen
Beschreibung Datum Lehrende Pflicht
1. Studienleistungen ohne Termin Ja
Übersicht der Kurstermine
  • 1
Lehrende
Dr. Anne Menzel