52-240 Ludonarrationen. Spiel(end)e in kinder- und jugendmedialen Erzähltexten [IfG 225]

Veranstaltungsdetails

Lehrende: Dr. Philipp Schmerheim

Veranstaltungsart: Seminar Ib

Anzeige im Stundenplan: Ludonarrationen

Semesterwochenstunden: 2

Unterrichtssprache: Deutsch

Min. | Max. Teilnehmerzahl: - | 15

Anmeldegruppe: Seminar Ib Grundschule NdL WiSe22/23

Weitere Informationen:
[ifg 225] (Kernzeit)

Die Angabe der Credits (3,0 bzw. 2,0) bezieht sich auf die Anzahl der zu erwerbenden Leistungspunkte beim Besuch der Veranstaltung im Wahl-/Optionalbereich.

Hinweis zur Teilnahme:
Studierende, die die erste Seminarsitzung unentschuldigt versäumen, werden nach der ersten Vorlesungswoche von der Veranstaltung abgemeldet. Auf diese Weise stehen
dadurch frei werdende Seminarplätze interessierten Studierenden während der Ummelde- und Korrekturphase sicher zur Verfügung.                    

Bitte beachten Sie, dass Lehrende keinen Einfluss auf die Platzvergabe in STiNE haben, die Platzvergabe erfolgt nach dem Schließen der Listen automatisch über STiNE
Weitere Hinweise finden Sie unter folgendem Link, der in jedem Semester aktualisiert wird:
https://www.slm.uni-hamburg.de/germanistik/studium/downloads.html#18061577

Kommentare/ Inhalte:
Erzählen eröffnet einen Spiel-Raum der Imagination, spielt es doch buchstäblich mit unzähligen Möglichkeiten, Welten zu imaginieren. Erzählen schafft und erkundet einen „Raum des Möglichen" und wird zu einem „Ort für die immer neu die Erfahrung übersteigenden Selbstentwürfe des Menschen." (Matuschek 1998:16) Einzelne Ausdrucksmedien des Erzählens wie Literatur, Bilderbuch, Film, Theater oder Hörspiel konkretisieren diese Spielräume der erzählerischen Imagination und nutzen das „Spiel" als Motiv ihrer jeweiligen Geschichte.

Gerade in Geschichten, die Kinder adressieren oder über kindliche (Haupt-)Figuren verfügen, sind Varianten des Spielmotivs präsent, sind sie doch in der Regel in kindlichen Lebenswelten angesiedelt. So zeichnet sich Momo in Michael Endes gleichnamigem Märchen-Roman (1973) nicht nur durch ihre Fähigkeiten als Zuhörerin aus, wenn sie in den Ruinen des antiken Amphitheaters (in dem sie nicht zufälligerweise lebt) lächelnd den Erzählungen und Lebenssorgen ihrer Freundïnnen lauscht, sondern auch durch ihr Talent zum freien, nicht regelgeleiteten Spiel (der Imagination), in das sie andere einzubeziehen vermag. Das Theater wird hier zum Schauplatz des freien Spiels und der freien Imagination fiktionaler Figuren, zum Schauplatz von paidia in der spieltheoretischen Terminologie von Roger Caillois (vgl. Caillois 1958b:84). Momos Talent wird kontrastiert durch das von Nutzungsvorgaben eingegrenzte Regelspiel – ludus bei Caillois – mit der Spielzeugpuppe Bibigirl, die Barbiefiguren nachempfungen ist. Dieses hinterlistige Geschenk der grauen Herren, denen Momo beim Versuch, den Dorfbewohnern buchstäblich (Lebens-)Zeit zu stehlen, im Wege steht, kann zwar sprechen, spielen lässt sich mit ihr aber nur innerhalb enger Spielroutinen, indem man Bibigirl mehr Kleidung, mehr Spielgefährten, mehr von allem gibt. Momo kontrastiert dementsprechend zwei Modi des situationalen Motivs ‚Spiel’: paidia und ludus.

Im Medien- und Produktverbund Jumanji wiederum taucht das Spiel als objektionales Motiv, als handlungsfunktionaler Gegenstand auf. In dem ursprünglich 1981 veröffentlichten Bilderbuch von Chris Van Allsburg spielen Kinder ein gleichnamiges Brettspiel, dessen Spielfiguren – Dschungeltiere wie Nashörner und Affen – aus dem Spiel ‚ausbrechen’ und im Wohnzimmer der Kinder für Chaos sorgen. Dieser Fluch des Spiels kann nur gebrochen werden, indem die Kinder es erfolgreich zu Ende spielen. Die Dramaturgie der Geschichte ist somit von Spiellogik geprägt, ebenso wie ihre Diegese, denn Jumanji nutzt mit der Ebenenüberschreitung von der Welt des Spiels (Spielwelt) in die (fiktionale) Welt der Spielenden (Spielendenwelt) eine Spielart narrativer Metalepse. Im Bilderbuch, in den verschiedenen Filmadaptionen sowie in weiteren Teilen des Jumanji-Medienverbunds wird das Spiel als objektionales Motiv auf unterschiedliche Weise narrativ eingebunden und dargestellt.

Was machen wir also in diesem Seminar? Wir beschäftigen uns auf Grundlage spieltheoretischer Konzepte in der Tradition von Johan Huizinga und Roger Caillois mit Varianten des Spielmotivs in kindermedialen Erzähltexten. Dabei werden wir literarhistorische Beispiele wie Peter Schlemihls wundersame Geschichte, Nußknacker und Mausekönig oder Alice im Wunderland ebenso diskutieren wie zeitgenössische mediale Erzähltexte (z.B. Maze Runner, Ralph reicht‘s, The Hunger Games, TRON). Zur Sprache kommen wird auch das Verhältnis zwischen Erzähltexten und Computerspiel, zwischen Erzählen und Spielen.

Studienleistung

Der Lernerfolg wird durch die Bearbeitung der Studienleistungen sichergestellt. Gelungene Studienleistungen können auf dem Portal KinderundJugendmedien.de veröffentlicht werden.

Individuell: Lesetagebuch über drei verschiedene Erzähltexte nach eigener Wahl (je 1–2 Seiten) ODER zwei wissenschaftliche Rezensionen zu ausgewählten Erzähltexten (je 2–3 Seiten) ODER zwei Essays zu selbstgewählten Aspekten (je 2–3 Seiten). Gelungene Rezensionen können auf KinderundJugendmedien.de veröffentlicht werden.

Gruppenarbeit: ein Dossier oder eine Präsentation zu einem ausgewählten Schwerpunktthema oder Medien- und Produktverbund.

Individuell: Entwurf für die im Rahmen des Seminars anzufertigende Prüfungsleistung (Hausarbeit)

Literatur:
LITERATUR ZUR EINSTIMMUNG

Anz, Thomas/Kaulen, Heinrich (Hrsg.): Literatur als Spiel, Berlin/Boston: De Gruyter, 2009.

Huizinga, Johan: Homo ludens. Vom Ursprung der Kultur im Spiel. In engster Zusammenarbeit mit dem Verfasser aus dem Niederländischen übertragen von H. Nachod. Mit einem Nachwort von Andreas Flitner. Hamburg: Rowohlt, 1987. [ea 1956]

Jahn, Bernhard/Schilling, Michael (Hrsg.). Literatur und Spiel. Zur Poetologie literarischer Spielszenen. Stuttgart: Hirzel Verlag, 2010.

Matuschek, Stefan: Literarische Spieltheorie. Von Petrarca bis zu den Brüdern Schlegel. Heidelberg: Metzler, 1998.

Schmerheim, Philipp. Spielerzählungen. Transmediale Perspektiven auf das Spiel-Motiv in Erzähltexten für Kinder und Jugendliche. ?In: Stefanie Jakobi und Tobias Kurwinkel (Hrsg.): Narratoästhetik und Didaktik transmedialer Motive in Kinder- und Jugendmedien: Von literarischen Außenseitern, dem Vampir auf der Leinwand und dem Tod im Comicbuch. Tübingen: Narr Francke Attempto, 2022. S. 89-106.

Termine
Datum Von Bis Raum Lehrende
1 Mi, 19. Okt. 2022 10:00 12:00 Ü35 - 01048 Dr. Philipp Schmerheim
2 Mi, 26. Okt. 2022 10:00 12:00 Ü35 - 01048 Dr. Philipp Schmerheim
3 Mi, 2. Nov. 2022 10:00 12:00 Ü35 - 01048 Dr. Philipp Schmerheim
4 Mi, 9. Nov. 2022 10:00 12:00 Ü35 - 01048 Dr. Philipp Schmerheim
5 Mi, 16. Nov. 2022 10:00 12:00 Ü35 - 01048 Dr. Philipp Schmerheim
6 Mi, 23. Nov. 2022 10:00 12:00 Ü35 - 01048 Dr. Philipp Schmerheim
7 Mi, 30. Nov. 2022 10:00 12:00 Ü35 - 01048 Dr. Philipp Schmerheim
8 Mi, 7. Dez. 2022 10:00 12:00 Ü35 - 01048 Dr. Philipp Schmerheim
9 Mi, 14. Dez. 2022 10:00 12:00 Ü35 - 01048 Dr. Philipp Schmerheim
10 Mi, 21. Dez. 2022 10:00 12:00 Ü35 - 01048 Dr. Philipp Schmerheim
11 Mi, 11. Jan. 2023 10:00 12:00 Ü35 - 01048 Dr. Philipp Schmerheim
12 Mi, 18. Jan. 2023 10:00 12:00 Ü35 - 01048 Dr. Philipp Schmerheim
13 Mi, 25. Jan. 2023 10:00 12:00 Ü35 - 01048 Dr. Philipp Schmerheim
14 Mi, 1. Feb. 2023 10:00 12:00 Ü35 - 01048 Dr. Philipp Schmerheim
Prüfungen im Rahmen von Modulen
Modul (Startsemester)/ Kurs Leistungs­kombination Prüfung Datum Lehrende Bestehens­pflicht
IFG 225 Aufbau Neuere deutsche Literatur für das Lehramt Grundschule (SoSe 22) / IFG 009  Ludonarrationen. Spiel(end)e in kinder- und jugendmedialen Erzähltexten [IfG 225] Hausarbeit 2  Hausarbeit ohne Termin Dr. Philipp Schmerheim Ja
IFG 225 Aufbau Neuere deutsche Literatur für das Lehramt Grundschule (WiSe 21/22) / IFG 009  Ludonarrationen. Spiel(end)e in kinder- und jugendmedialen Erzähltexten [IfG 225] Hausarbeit 3  Hausarbeit ohne Termin Dr. Philipp Schmerheim Ja
IFG 225 Aufbau Neuere deutsche Literatur für das Lehramt Grundschule (SoSe 21) / IFG 009  Ludonarrationen. Spiel(end)e in kinder- und jugendmedialen Erzähltexten [IfG 225] Hausarbeit 3  Hausarbeit ohne Termin Dr. Philipp Schmerheim Ja
IFG 225 Aufbau Neuere deutsche Literatur für das Lehramt Grundschule (WiSe 22/23) / IFG 009  Ludonarrationen. Spiel(end)e in kinder- und jugendmedialen Erzähltexten [IfG 225] Hausarbeit 1  Hausarbeit ohne Termin Dr. Philipp Schmerheim Ja
Übersicht der Kurstermine
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Lehrende
Dr. Philipp Schmerheim