52-175 DIGITAL: Zwischen Himmel und Hölle - Vorstellungen vom Jenseits in der Literatur des Mittelalters und der frühen Neuzeit [DSL/DE-V-ÄDSL][SLM-WB][DL-M1/M01][DL-M6/M06][DE-ME-ÄdSL][DE-M.Ed.-ÄdSL][Master

Lehrende: Dr. Sebastian Holtzhauer

Veranstaltungsart: Seminar II

Anzeige im Stundenplan: Himmel u. Hölle

Semesterwochenstunden: 2

Credits: 3,0

Unterrichtssprache: Deutsch

Min. | Max. Teilnehmerzahl: - | 25

Weitere Informationen:
Bitte beachten:

Die Angabe der Credits (3,0 bzw. 2,0) bezieht sich auf die Punktzahl der Leistungspunkte, wenn die Veranstaltung im Wahl-/Optionalbereich besucht wird.

Hinweis zur Teilnahme: Studierende, die die erste Seminarsitzung unentschuldigt versäumen, werden am Freitag in der ersten bzw. der zweiten Woche der Vorlesungszeit von der Veranstaltung abgemeldet. Auf diese Weise stehen die frei werdenden Seminarplätze interessierten Studierenden während der zweiten Anmeldephase sicher zur Verfügung.

Kommentare/ Inhalte:
Die topographische Existenz eines Jenseits wurde im Mittelalter nicht angezweifelt – davon legen zahlreiche Weltkarten (sog. Mappae mundi) dieser Epoche Zeugnis ab, auf denen das Paradies und zum Teil auch höllische Orte topographisch fixierbar sind. Auf ihnen, an Kirchenportalen (Tympanona), in Fresken, aber auch und vor allem in der Literatur des Mittelalters gerinnen Vorstellungen und Visionen von Himmel und Hölle zu greifbaren Bildern. Das Buch der Bücher bot in vielerlei Hinsicht nicht genug Antworten auf die existenzielle Frage, was nach dem Tod auf den Menschen wartete. So nimmt es nicht Wunder, dass Apokryphe (z.B. ‚Visio S. Pauli‘, ‚Visiones Georgii‘) und Schilderungen von Jenseitsreisen wie die des irischen Heiligen Brandan oder des Tundalus solche „Leerstellen" füllten und – das beweist die Überlieferungsgeschichte der Texte eindrucksvoll – das gesamte Mittelalter über extrem beliebt waren. Während die Protagonisten einiger Geschichten, so wie der Titelheld des ‚Eneasromans‘ Heinrichs von Veldeke, Alexander der Große im ‚Straßburger Alexander‘ gegen Ende des Romans (sog. ‚Iter ad paradisum‘) oder St. Brandan als Lebende jenseitige Orte besuchen, reist in den meisten Fällen nur die Seele ins Jenseits (z.B. Mechthild von Magdeburg, ‚Visio Tnugdali‘ des Alber von Windberg), um von dort zurückzukehren und zu berichten. Die verschiedenen Texte sollen im Seminar (zumeist auszugsweise) inhaltlich erarbeitet und in die jeweiligen Kontexte ihrer Entstehungs- und Rezeptionsgeschichte gestellt werden. Dabei treten mentalitätsgeschichtliche Aspekte (Angst vor dem Tod/der Hölle, Hoffnung auf die Einkehr ins himmlische Paradies etc.) ebenso in den Vordergrund wie die eng damit verbundenen Momente religiöser Erbauung und moralischer Belehrung, denen man zuvorderst in den Schriftzeugnissen geistlicher Prägung begegnet. Aus erzähltheoretischer Sicht dürften zum einen Fragen nach der Perspektivierung des Gesehenen und Erlebten interessant sein (oftmals wird der Visionär von Führern begleitet), zum anderen nach bestimmten Erzählmotiven und -schemata, die immer wieder auftauchen; auch Beglaubigungsstrategien der Wahrheit beanspruchenden Berichte werden in den Blick genommen. Einen weiteren fruchtbaren Zugriff auf die Texte bietet das Modell der Raumsemantik. Gute Mittelhochdeutschkenntnisse sowie eine rege Mitarbeit im Kurs werden vorausgesetzt. Die Texte bzw. Textausschnitte werden digital zur Verfügung gestellt.

Literatur:

Zur einführenden Orientierung empfohlen:

- Dinzelbacher, Peter: Jenseitsvisionen – Jenseitsreisen. In: Volker Mertens/Ulrich Müller (Hgg.): Epische Stoffe des Mittelalters. Stuttgart 1984, S. 61–80.

- Dinzelbacher, Peter: Von der Welt durch die Hölle zum Paradies – das mittelalterliche Jenseits. Paderborn 2007.

- Dinzelbacher, Peter: Vision und Visionsliteratur im Mittelalter. 2., überarbeitete und wesentlich erweiterte Aufl. Stuttgart 2017. (Monographien zur Geschichte des Mittelalters 64)

- Riedel, Peter: Himmel, Hölle, Fegefeuer. Jenseitsvorstellungen im Mittelalter. In: Heinz-Dieter Heimann/Martin M. Langner/Mario Müller/Birgit Zacke (Hgg.): Weltbilder des mittelalterlichen Menschen. Berlin 2007, S. 135–146.

- Schmidt, Paul Gerhard: Die Gegenwelt im Jenseits. In: Literaturwissenschaftliches Jahrbuch 44 (2003), S. 9-17.