Lehrende: Dr. Michael Oliva Cordoba
Veranstaltungsart:
Hauptseminar
Anzeige im Stundenplan:
Semesterwochenstunden:
2
Credits:
4,0
Unterrichtssprache:
Deutsch
Min. | Max. Teilnehmerzahl:
1 | 25
Kontingentschema: Phil_Standard_WS1415
Weitere Informationen:
Für den erfolgreichen Besuch dieser Veranstaltung im Rahmen des Fachspezifischen Wahlbereichs werden 4 LP angerechnet.
Kommentare/ Inhalte:
Wie verhält es sich mit dem Weihnachtsmann, wenn man zum Beispiel glaubt, dass der Weihnachtsmann am Nordpol wohnt oder mit einem von Rentieren gezogenen Schlitten reist? Der deutsch-österreichische Philosoph Franz Brentano bemühte 1874 bei dem Unterfangen, der Psychologie eine wissenschaftliche Grundlage zu geben, eine der mittelalterlichen Philosophie entlehnte Kategorie: „Jedes psychische Phänomen ist durch das charakterisirt, was die Scholastiker des Mittelalters die intentionale (auch wohl mentale) Inexistenz eines Gegenstandes genannt haben und was wir, obwohl mit nicht ganz unzweideutigen Ausdrücken, die Beziehung auf einen Inhalt, die Richtung auf ein Object (worunter hier nicht eine Realität zu verstehen ist) oder die immanente Gegenständlichkeit nennen würden.“ (Brentano 1874, 116). Brentano begründete damit ein neues Forschungsgebiet, die neuere Intentionalitätstheorie. Ihrzufolge würde man sagen dürfen, dass der Weihnachtsmann intentionales Objekt der Einstellung desjenigen ist, der glaubt, dass er am Nordpol wohnt.
Intentionale Objekte werfen in den Augen vieler gewisse Fragen auf: Wenn es den Weihnachtsmann nicht gibt, er jedoch intentionales Objekt einer Einstellung sein kann; wie verhält es sich dann mit Gegenständen, die tatsächlich existieren? Wenn etwas jemand glaubt, dass der Nikolaus am 6. Dezember gefeiert wird, gibt es dann nicht neben dem intentionalen Objekt auch noch eine reales Objekt (aus Fleisch und Blut), den spätantiken Bischof Nikolaus von Myra, der viele Wunder gewirkt haben soll? Und sind intentionales und reales Objekt dann identisch oder verschieden? Fragen dieser Art haben zu heftigen Diskussionen in der Brentano-Schule gesorgt, der Philosophen und Psychologen wie Alois Höfler, Sigmund Freud, Christian von Ehrenfels, Anton Marty, Carl Stumpf, Alexius Meinong, Edmund Husserl und Kazimierz Twardowski zugerechnet werden. Der Benjamin dieser Schule, Kasimierz Twardowski, der später selber Begründer einer nicht weniger bemerkenswerten philosophischen Schule werden sollte, unterzog in seiner Schrift Zur Lehre vom Inhalt und Gegenstand der Vorstellungen die Theorie seines Lehrers Brentano ebenso wie deren Vorüberlegungen beim böhmischen Philosophen Bernard Bolzano einer grundlegenden Kritik.
In diesem Seminar wollen wir auf Grundlage der klaren und gut nachvollziehbaren Ausführungen Twardowskis eine Rekonstruktion der Theorie der propositionalen Einstellungen erreichen, mit der wir das Phänomen der Intentionalität besser versehen.
Veranstaltungsart:
Solange räumliche Präsenzveranstaltungen nicht möglich sind, findet die Veranstaltung zu den angegebenen Tagen und Zeiten synchron als digitale Präsenzveranstaltung über ZOOM statt. Zusätzliche digitale Inhalte, z.B. über Agora etc., werden nicht angeboten.
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- Eingewählten, deren Teilnahmeberechtigung nicht ermittelt werden kann, ist die Teilnahme zwingend zu versagen. Bitte achten Sie darauf, sich rechtzeitig vorher mit dem Veranstalter in Verbindung zu setzen, damit sie nicht von der Teilnahme am ZOOM-Meeting ausgeschlossen werden.
Literatur:
Brentano, Franz (1874), Psychologie vom empirischen Standpunkte, Leipzig 1874: Duncker & Humblot
Chrudzimski, Arkadiusz (1999), „Die Theorie der Intentionalität bei Franz Brentano“, Grazer Philosophische Studien 57, 45–66.
–––––––– (2007), Gegenstandstheorie und Theorie der Intentionalität bei Alexius Meinong, Dordrecht: Springer.
Fisette, Denis; Fréchette, Guillaume & Stadler, Friedrich (Hgg.) (2020), Franz Brentano and Austrian Philosophy, Cham: Springer.
Smith, Barry (1994), Austrian Philosophy. The Legacy of Franz Brentano. Chicago: Open Court.
Twardowski, Kasimir (1894), Zur Lehre vom Inhalt und Gegenstand der Vorstellungen, Wien: Alfred Hölder.
Zusätzliche Hinweise zu Prüfungen:
Studienleistungen:
- aktive Teilnahme
- sorgfältige Vor-/Nachbereitung der Seminarsitzung
- weitere Studienleistungen werden ggf. am Anfang der Veranstaltung bekannt gegeben
Prüfungsleistung:
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