52-229 DIGITAL: Faszination Schattenseite. Das Morbide in der Literatur und den Künsten – vom Barock bis in die Gegenwart [DSL/DE-A-NdL] [DSL/DE-A-DSL] [SLM-WB] [Master-WB]

Lehrende: Christian Wobbeler

Veranstaltungsart: Seminar Ib

Anzeige im Stundenplan: Schattenseite

Semesterwochenstunden: 2

Credits: 3,0

Unterrichtssprache: Deutsch

Min. | Max. Teilnehmerzahl: - | 25

Weitere Informationen:
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Die Angabe der Credits (3,0 bzw. 2,0) bezieht sich auf die Anzahl der zu erwerbenden Leistungspunkte beim Besuch der Veranstaltung im Wahl-/Optionalbereich. -

Hinweis zur Teilnahme:
Studierende, die die erste Seminarsitzung unentschuldigt versäumen, werden nach der ersten Vorlesungswoche von der Veranstaltung abgemeldet. Auf diese Weise stehen dadurch frei werdende Seminarplätze interessierten Studierenden während der Ummelde- und Korrekturphase sicher zur Verfügung.

Kommentare/ Inhalte:
Die Faszination an Tod und Verfall ist im Kontext der Gegenwartskünste nicht zu übersehen: von der durch eine „dauermorbide Stimmung“ geprägten Netflix-Serie "The Alienist", über Ratgeberliteratur "Faszination Lost Places. Morbide Orte gekonnt fotografieren", bis hin zu Heinz Strunks "Der goldene Handschuh". Doch dieses Interesse hat eine lange Tradition in der Literatur und den Künsten, die das Seminar kursorisch in den Blick nehmen will.
Anhand einer ‚Kulturgeschichte des Morbiden‘ lässt sich zugleich der historisch variable Umgang mit Themen wie Tod, Krankheit und (sittlichem) Verfall beobachten: Sind es im christlich geprägten Barock die mahnend-abschreckenden Vanitas-Darstellungen des übermächtigen Todes, beginnt die Schwarze Romantik ein Interesse für die dunkle Seite des Menschen auszubilden, deren Darstellung in den literarischen Beispielen der Gegenwart an Drastik einen (vorläufigen) Höhepunkt gefunden hat.
Zentrale Texte, die in diesem Zusammenhang diskutiert werden sollen, sind so beispielsweise Andreas Gryphius’ "Kirchhofs-Gedanken" mit ihren verwesenden, von Würmern zerfressenen Leichen oder E.T.A. Hoffmanns Erzählung "Vampirismus", in der das Morbide neben der dezidierten Darstellung des Todes auch den Bereich des neurotischen Wahnsinns umfasst. Texte, wie die Gedicht "Ophelia" (Georg Heyms) sowie "Schöne Jugend" (Gottfried Benn) oder die Novelle "Der Tod in Venedig" (Thomas Mann), die Tod, Krankheit und Verfall in morbider Schönheit ästhetisieren, sollen ebenfalls Berücksichtigung finden. Der Aspekt des sittlichen Verfalls soll anhand von Hugo von Hofmannsthals "Jedermann" sowie seiner Neubearbeitung "jedermann (stirbt)" von Ferdinand Schmalz in den Blick genommen werden, da in letzterer die bereits bei Hofmannsthal angelegte Gesellschaftskritik im Spiel um die Figur des kapitalistischen Geschäftsmannes radikalisiert wird. Zum Abschluss des Seminars sollen zwei Beispiele diskutiert werden, die sich in äußerst drastischer Weise mit Krankheit, Tod und moralischem Verfall auseinandersetzen: Zum einen steht dabei Heinz Strunks Roman "Der Goldene Handschuh", der die Geschichte des Hamburger Serienmörders Fritz Honka erzählt, im Fokus. Zum anderen handelt es sich um Pier Paolo Pasolinis Film "Salò oder Die 120 Tage von Sodom", der den Niedergang eines moralisch verkommenen Regimes zum Thema hat. Ein umstrittener Klassiker, dessen künstlerische Faszination nicht zuletzt die 2017 uraufgeführte Theateradaption von Milo Rau beweist.
Mittels dieser Beispiele, die z.T. in Auszügen behandelt werden, sollen stets die Fragen diskutiert werden, was unter dem Begriff des Morbiden zu fassen ist, welche Vorstellungen von Tod und physischer sowie psychischer Krankheit die künstlerische Auseinandersetzung beeinflussen, welche Kulturgeschichte sie also reflektieren, und mit welchen ästhetischen Strategien die Inszenierungen des Morbiden und Abjekten umgesetzt werden.
Studienleistungen sind die regelmäßige aktive Teilnahme am Seminar, eine sorgfältige Vorbereitung der Seminarlektüren sowie die Übernahme eines Referats oder einer Äquivalenzleistung nach Absprache. Die Prüfungsleistung erfolgt in Form einer Hausarbeit (10–15 Seiten). Die seminarbegleitende Literatur wird in der ersten Sitzung bekannt gegeben. Arbeitstexte und Materialien werden auf OpenOlat zur Verfügung gestellt.
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