Lehrende: Lisa Marie Schiffers
Veranstaltungsart: Seminar Ib
Anzeige im Stundenplan: (Un)Mögliches Erzäh.
Semesterwochenstunden: 2
Credits: 3,0
Unterrichtssprache: Deutsch/Französisch
Min. | Max. Teilnehmerzahl: - | 20
Weitere Informationen: [fra-a03, -a04, -lit-2.1, -2.2, -nf-2, slm-wb, sg, frl-05, -06, -07, fr-la-a2, -a4] Die Angabe der Credits (3,0) bezieht sich auf die Anzahl der Leistungspunkte, wenn die Veranstaltung im WAHLBEREICH besucht wird. [wahlzeit]
Kommentare/ Inhalte: Unter der Signatur der Katastrophe prägen Krisenerfahrungen wie Kriege, Genozide, Terror und Naturgewalten die kollektive Realität des 20. und 21. Jahrhunderts. Sie zerbrechen gegebene Ordnungen und entziehen sich dem Verständnis, einer nachträglichen Sinnstiftung oder selbst einem In-Worte-Fassen. Solche Grenzerfahrungen stellen nicht nur die Psyche, sondern auch sprachliche wie mediale Vermittlungsmöglichkeiten vor eine Herausforderung. Im Rahmen des Seminars setzen wir uns ausgehend von einer Begriffsbestimmung ‚der Katastrophe‘ mit theoretischen Konzepten (wie z.B. des ‚Posttraumatischen‘ und ‚Postmemory‘) auseinander, um die Denkfigur ‚Katastrophe‘ in seiner kulturwissenschaftlichen Dimension zu beleuchten. In Verbindung mit Theater- und Erzähltheorie wenden wir uns der ‚Katastrophe‘ als Struktur- wie Inhaltselement zu und untersuchen anhand verschiedener Textsorten, wie Desaster auf individueller wie kollektiver Ebene darin sprachlich inszeniert und so in ästhetisch modifizierter Form ‚erlebbar‘ werden. Zunächst richten wir den Blick auf das postapokalyptische Szenario, das Beckett im Theaterstück Fin de partie entwirft. Infolge einer nicht näher benannten Katastrophe finden sich die körperlich versehrten Überlebenden in einem beengten Unterschlupf wieder. Ohne Hoffnung auf eine Besserung ihrer Lage sind sie als Schicksalsgemeinschaft einerseits aufeinander angewiesen, gleichzeitig jedoch der willkürlichen Machtdemonstration des jeweils anderen ausgesetzt. In Camus‘ Roman La peste sehen sich die Figuren mit dem Ausbruch der titelgebenden Seuche konfrontiert, die die Stadt Oran isoliert und in einen Ausnahmezustand versetzt. Vor dem Hintergrund der omnipräsenten Todesbedrohung stellt der Roman das Spektrum menschlichen Handelns in Krisenzeiten aus und reflektiert auf einer abstrahierten Ebene das zeitgeschichtliche Geschehen um 1945. Mit Fokus auf dem ‚Post-Katastrophischen‘ widmen wir uns schließlich der Frage, inwiefern die Texte einen Raum der Erinnerung, Reflektion und Verhandlung eröffnen, um dem Über- und Nachleben der Zerstörung in Folge des Zweiten Weltkriegs nachzuspüren – gerade in Anbetracht weltweiter politischer Unruhen und einer globalen Pandemie scheinen die Fragen nach dem Umgang mit (kollektiven) Kontrollverlust, seiner Dauer und einer (un)möglichen Rückkehr zum Status quo im Alltag jeder/s Einzelnen präsenter denn je. Primärtexte: Samuel Beckett: Fin de partie (1957) Albert Camus: La peste (1947)