60-974 Die Bedeutung theoretischer Grundlagen für die Biologie –Biologische Phänomeneals Informations- und Zeichenprozesse

Veranstaltungsdetails

Lehrende: Dr. Joachim Schult

Veranstaltungsart: Seminar

Anzeige im Stundenplan: BIO-GdN-VERTS.60-974

Semesterwochenstunden: 2

Unterrichtssprache: Deutsch

Min. | Max. Teilnehmerzahl: 5 | -

Weitere Informationen:

Im Seminar soll die aktuelle Situation in den Wissenschaften beleuchtet und diskutiert werden. Es soll auf Probleme hingewiesen werden, die z. B. durch neue Techniken und Methoden der Datengewinnung („data mining) deutlich geworden sind. Weitere Themen sind die immer noch vorhandene Dominanz des Reduktionismus und der fehlende erkenntnistheoretische Unterbau. Es soll ein für diese Problematik möglicherweise hilfreicher Ansatz- die Biosemiotik- vorgestellt werden


 

Kommentare/ Inhalte:
Das Seminar soll einerseits die erkenntnistheoretischen Grundlagen der Darwin’schen Evolutionstheorie und die prinzipiellen Unterschiede zu Vorgängertheorien diskutiert werden. Dieser grundlegende Unterschied, bzw. Fortschritt wurde in der Folgezeit nicht gesehen und die bis dahin gängige reduktionistische Position teilweise in der Forschung beibehalten. 

Schon seit Mitte des 19. Jahrhunderts werden in den Naturwissenschaften starke Tendenzen zum Reduktionismus und ein damit einhergehendes Theoriedefizit und von einigen Autoren thematisiert und kritisiert. 

In Zusammenhang mit der damals in der Biologie dominierenden Morphologie schreibt z. B. Ernst Haeckel (1966): 

„ Indem sich nun die große Mehrzahl der Zoologen und Botaniker mit dem Aufsuchen, Ausgraben und Herbeischleppen; dieser Bausteine begnügt und in dem Wahne lebt, daß diese Kunst die eigentliche Wissenschaft sei, indem sie das Kennen mit dem Erkennen verwechselt, .kann es, uns nicht wunder nehmen, wenn der Bau unseres wissenschaftlichen Lehrgebäudes selbst noch unendlich hinter, den bescheidensten Anforderungen unserer heutigen Bildung zurück ist. Der denkenden Baumeister sind nur wenige, und diese wenigen stehen. so vereinzelt, daß sie unter der Masse der Handlanger. verschwinden und nicht, von den letzteren verstanden werden. „ 

 

Diese Unterschiede und die Relevanz für die Biologie und auch die anderen Naturwissenschaften sollen besprochen werden. Boltzmann bezeichnet das Werk Darwins als das bedeutendste Werk dieser Zeit Bergson „ die Zeit der Mechanik ist nicht die Zeit des lebendigen Bewußtseins“ Prigogine bezeichnet das 19. Jahrhundert als das Jahrhundert der Evolutionstheorie. Sie war die Wende zu einem geschichtlichen Modell, d.h. Ereignisse sind immer die Folge vorhergehender Ereignisse, die Entwicklungen sind nicht reversibel 


Boltzmann bezeichnet das Werk Darwins als das bedeutendste Werk dieser Zeit Bergson „ die Zeit der Mechanik ist nicht die Zeit des lebendigen Bewußtseins“ C. S. Peirce (1931-58),, dessen Ansatz -die Semiotik- hier vorgestellt werden soll, wagte es, das Universum der klassischen Mechanik zugunsten eines evolutionären Universums zu einer Zeit zu entwerfen, (oder ein evolutionäres Universum zu entwerfen), als keinerlei experimentelle Ergebnisse vorlagen (antizipatorische Entwicklung Wahrscheinlichkeit  Tychismus) 


Die Semiotik (semeion=Zeichen) ist eine junge interdisziplinäre Wissenschaft, die den Anspruch erhebt, einen Paradgimenwechsel in den Lebenswissenschaften zu ermöglichen. In der Biosemiotik wird der Zeichencharakter biologischer Prozesse untersucht und der Organismus nicht mehr als rein mechanisch und determiniert betrachtet, sondern als selbständig interpretierendes System. 


Im Seminar soll die aktuelle Entwicklung der Semiotik in der Tradition von C.S Peirce vorgestellt werden, und ein Überblick vom theoretischen und instrumentellen Nutzen dieses Ansatzes und den darauf basierenden Modellen (Morris, Sebeok etc.) gegeben werden. Beispiele aus der Biologie illustrieren dabei die enorme und wegweisende Bedeutung semiotischer Ansätze für die praktische Arbeit in den Biowissenschaften. (vgl. Oehler 1979, Schult 2004). Immer deutlicher zeigten sich die Grenzen des konventionellen reduktionistischen Ansatzes und damit die Notwendigkeit einer theoretischen Basis, die die Dynamik hochkomplexer Systeme mit ihrer großen Zahl von Interaktionen und damit die Bedeutung der Relationen der Systemkomponenten berücksichtigt ( Eder u. Rembold 1992). Eben diese Dominanz der Dynamik und Interaktion sowie die Betrachtung vom Systemganzen entspricht den Prinzipien der Semiotik. 

In diesem Kontext zeigt sich auch, dass die Molekularbiologie an sich kein neues Paradigma für die Biologie beinhaltet. Sie verdeutlicht lediglich -vielleicht stärker als andere biologische Disziplinen- die Notwendigkeit neuer theoretischer Ansätze, deren Schwerpunkt auf der Bedeutung systemischen Relationen und nicht auf den Strukturelementen selbst liegt, wie dies in der Semiotik der Fall ist. Interessante, diese These stützende, sich ergänzende theoretische Ansätze finden sich -außer bei bei Peirce-  auch bei Deppert und Uexküll wie auch in der neuen Physik (Planck 1948). In diesen Arbeiten werden Begriffe wie  Zweck - nach Peirce eine Untereinheit der „final causation“, Bedeutung, Sinn und Geist, Kausalität und  es wird das Thema erlaubte und angemessene Fragen in den Naturwissenschaften diskutiert (Deppert 1992, Uexküll 1984: 23) 

Auch auf die erkenntnistheoretischen Parallelentwicklungen zwischen Physik und Biologie soll hier eingegangen werden.

Die Evolutionstheorie ist hier ein Beispiel für die Relevanz der Peirce‘ schen Semiotik für die Biologie. Falls bei den Seminarteilnehmern an anderen Bereichen (Neurophysiologie oder Molekularbiologie) besteht, können auch diese mit einbezogen werden.

Termine
Datum Von Bis Raum Lehrende
1 Mo, 1. Apr. 2019 17:00 18:30 MLK 3, Kosswig-Saal Dr. Joachim Schult
2 Mo, 8. Apr. 2019 17:00 18:30 MLK 3, Kosswig-Saal Dr. Joachim Schult
3 Mo, 15. Apr. 2019 17:00 18:30 MLK 3, Kosswig-Saal Dr. Joachim Schult
4 Mo, 29. Apr. 2019 17:00 18:30 MLK 3, Kosswig-Saal Dr. Joachim Schult
5 Mo, 6. Mai 2019 17:00 18:30 MLK 3, Kosswig-Saal Dr. Joachim Schult
6 Mo, 13. Mai 2019 17:00 18:30 MLK 3, Kosswig-Saal Dr. Joachim Schult
7 Mo, 20. Mai 2019 17:00 18:30 MLK 3, Kosswig-Saal Dr. Joachim Schult
8 Mo, 27. Mai 2019 17:00 18:30 MLK 3, Kosswig-Saal Dr. Joachim Schult
9 Mo, 3. Jun. 2019 17:00 18:30 MLK 3, Kosswig-Saal Dr. Joachim Schult
10 Mo, 17. Jun. 2019 17:00 18:30 MLK 3, Kosswig-Saal Dr. Joachim Schult
11 Mo, 24. Jun. 2019 17:00 18:30 MLK 3, Kosswig-Saal Dr. Joachim Schult
12 Mo, 1. Jul. 2019 17:00 18:30 MLK 3, Kosswig-Saal Dr. Joachim Schult
13 Mo, 8. Jul. 2019 17:00 18:30 MLK 3, Kosswig-Saal Dr. Joachim Schult
Prüfungen im Rahmen von Modulen
Modul (Startsemester)/ Kurs Prüfung Datum Lehrende Bestehens­pflicht
GdN-Vert Vertiefung Allgemeine Naturwissenschafts- und Technikgeschichte (SoSe 19) / BIO-GdN-VERTS.60-974  Die Bedeutung theoretischer Grundlagen für die Biologie –Biologische Phänomeneals Informations- und Zeichenprozesse 1  Hausarbeit ohne Termin Dr. Joachim Schult Ja
1  Referat ohne Termin Dr. Joachim Schult Ja
Übersicht der Kurstermine
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Lehrende
Dr. Joachim Schult