Lehrende: Prof. Dr. Christine Hentschel
Veranstaltungsart:
Projektseminar
Anzeige im Stundenplan:
24-003.21
Semesterwochenstunden:
4
Credits:
11,0
Unterrichtssprache:
Deutsch
Min. | Max. Teilnehmerzahl:
10 | 20
Weitere Informationen:
M.A.-Internationale Kriminologie: Forschungsmodul
Kommentare/ Inhalte:
Wie lässt sich der gegenwärtige globale Rechtsruck sozialwissenschaftlich erforschen? Im Forschungsseminar analysieren wir die Strategien, Praktiken und Netzwerke rechter Akteure auf der Straße, im Internet, im Parlament und den Medien. Fünf Perspektiven dienen uns dabei als forschungsleitend:
Sprache: Die Sprache der Nazis, so schreibt Victor Klemperer 1946, war wie „ein Gift, dass du unbewusst eintrinkst und das seine Wirkung tut…“ Sprache „dichtet und denkt“ für dich. Entsprechend gilt das erste Augenmerk der gezielten Verwendung von Sprache im „neurechten“ Milieu: Welche Verkehrungen, Neuschöpfungen, Aneignungen von Begriffen müssen wir analysieren und inwiefern knüpfen sie an faschistische und nazistische Begriffe an?
Raum und Territorialität: Rechtes Denken hat immer mit Raumgreifung zu tun. Wie wird der Nationalstaat, die Stadt, Europa, das „Abendland“, oder das Netz als zu erobernder oder zu verteidigender Raum konstruiert? Begriffe wie "Reconquista" oder "Verteidigung" wird dabei besonders Augenmerk geschenkt.
Zeit und Zukunft: Welche Bilder von Zukunft als schicksalshaften Aufstieg oder Untergang werden gezeichnet? Welche Dystopien, Narrative von Naturgewalt, oder Momente der Entscheidung werden entworfen, zu welcher Dringlichkeit von Handlung rufen sie auf?
Politische Affekte: wie werden Emotionen wie Wut, Angst, Zorn, Empörung, aber auch Hoffnung, Häme, Lust eingesetzt, mobilisiert, herausgefordert? Und wie lässt sich dieses affektive Repertoire sinnvoll erforschen?
Genderkonzeptionen: Welche Art von Männlichkeit wird dabei angerufen und in Szene gesetzt? Welche Frauenbilder werden gezeichnet?
Gegenwärtiges rechtes Denken und Handlen wird dabei nicht nur in globaler Perspektive, sondern auch in historischer Verankerung erforscht. Neben rechtem Gedankengut der Gegenwart werden wir auch auf rechte Denker wie Ernst Jünger und Oswald Spengler zurückgreifen sowie frühe kritische Analysen der Sprache der Nazis (Klemperer) heranziehen.
Als methodische Grundlagen dienen uns verschiedene qualitative interpretative Instrumente von klassischen Methoden wie Interviews, Ethnographie, narrative und Diskursanalyse bis hin zu Online Ethnographien und affektiven Methodologien.
Lernziel:
Erforschung rechtsintellektueller und -populistischer Strategien und Einordnung in globale Trends und historische Verankerungen
Dabei Fokus auf die Verwendung von Sprache, Raum, Zeitlichkeit, Affektive Repertoires und Gender
Anwendung qualitativer (zB ethnographischer, narrativer, affektiver) Methoden in der Erforschung von rechtem Denken und Handeln
Lernen, wasserfeste Argumente im Zusammenspiel von Theorie und Empirie zu entwickeln und klar zu schreiben
Vorgehen:
Im zweiten Semester wird es schwerpunktmäßig um die Begleitung des Forschungsprozesses der Teams gehen:
- gemeinesame Analyse der Interview- und Diskursmaterialien in Forschungswerkstätten: coding und andere interpretatoriscche Verfahren.
- Arbeit am Verhältnis von Empirie und Theorie
- Strukturierungs- und Schreibübungen, um das Verfassen des Artikels vorzubereiten.
Zusätzliche Hinweise zu Prüfungen:
Verfassen eines publikationsfähigen Aufsatzes (8000-10000 Wörter) im Team basierend auf der eigenen Forschung im ersten und zweiten Teil des Projektseminars.
Abgabetermin: 31. Mai. 2020
Ausgabe der bewerteten Aufsätze: Studienbüro Sozialwissenschaften
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